Glinde Bahnhof

Diese Luftaufnahme zeigt den Bahnhof Glinde im Jahr 1931 in seiner ursprünglichen  Ausdehnung. Er bestand aus drei Gleisen, einem Durchfahrtgleis, einem Überhol-/Ausweichgleis und der Ladestraße. Am östlichen Ende der Ladestraße wurde über eine Weiche eine Seitenrampe angeschlossen und diente der Sicherung, das westliche Ende wurde mit einer Gleissperre gesichert. Der Bahnsteig lag am Gleis 1 wo sich auch das Bahnhofsgebäude mit typischen Pultdach und der Abort befanden.
Die westliche Einfahrt von Havighorst kommend sollte in einem weiten Bogen den Bahnhof anschließen. Durch die in der Nähe wesentlich tiefer gelegene Glinder Au wäre so für den dort geplanten Bahnübergang eine sehr starke Steigung entstanden. Gegen diese Planung erhob der damalige Ortsvorsteher Suck Einspruch, für ein einspänniges Pferdefuhrwerk wäre diese Steigung nicht zu meistern. Darauf entstand die heute noch existierende S-Kurve zwischen Bahnhof und Havighorster Weg.
Gut zu erkennen ist auch das Gelände oberhalb des Bahnhofs. Hier hatte sich der Glinder Gasthof angesiedelt. Zur Eröffnung der Bahn wurde ein sehr weitreichendes Plakat vom ersten Glinder Bahnbeamten aufgehängt, dessen Text unten wiedergeben ist.

Centralbahnhof der Zukunftsvillenstadt Glinde

Feierliche Eröffnung am 15. Dez. 1907
nachmittags Kinderbelustigung - abends Ball

Glinde - wichtiger Knotenpunkt der Südstormarnschen Kreisbahn
Hamburg - Glinde - Mölln

Alle fahrplanmäßigen Züge halten in Glinde, desgleichen verkehren
D-Züge mit und ohne Speisewagen, Luxuszüge mit Schlafwagen.

Wegen voraussichtlicher Überfüllung Vorherbestellung ratsam!

Direkte Verbindung Glinde - Osnabrück - Paris

Ausgabe von Zeitkarten
Für Vereine bedeutende Ermäßigung
bei 2 Kindern das 3. frei

Öffentliche Fernsprechstelle
Große luftige Wartesäle allen sanitären Ansprüchen genügend.

Reichhaltiges Buffet "ff" Getränke, auch alkoholfreie!

Verabreichung von Sanitäts- und aseptischer Milch,
gewonnen auf dem nur 3 Minuten entfernt liegenden Gut Glinde
Besitzer: Herr F. Rudorff
Seit Jahresfrist Lieferant der Hamburg - Amerika Linie für Milch.
Wenn gewünscht, Versand nach allen außereuropäischen Ländern!
Besichtigung der Meierei sehr lohnend und gern gestattet.

Auf dem Bahnhofs - Auskunftsbureau für Fremde -
International unentgeldliche Führer dort zu haben
Alle bemerkenswerte Punkte sind darin verzeichnet.

Wegen ihrer großen Schönheit besonders hervorzuheben sind:
Alfred's Ruh - Nachtigalleninsel etc.

Einen Lokalblick auf die überaus reizvolle Landschaft
gewährt der Glinder Turm, dessen Besichtigung jedermann
gegen 5 Pf. Zahlung erlaubt ist.

Darum geschwinde
fahrt nach Glinde
mit dem ersten Sonderzug!

Die Postkarten rechts zeigen den Glinder Hof in den Jahren 1925, 1931, 1941 und 1950.  Zur Eröffnung der Bahn  war ein Transparent mit folgendem Wortlaut gespannt:
Die Tochter und Ehrenjungfrau vom Gutsbesitzer Rudorff, Elisabeth Siebke, erinnert sich 1980 :

"Die erste Fahrt der Bahn und der persönliche Besuch des Landrats von Bonin brachte lange vorher schon alle in Aufregung. Zwar hatten wir Schüler den Ablauf dieses Tages lange vorher geprobt, doch als endlich am 17. Dezember 1907 der Zug in Glinde einlief, stand das ganze Dorf Kopf. Der Bahnhof und die Gastwirtschaft Schöning waren mir Girlanden geschmückt. Der Beamte vom Glinder Bahnhof hatte eigenhändig ein Plakat gemalt, auf dem er der "Zukunftsvillestadt Glinde" und der Kreisbahn eine große Karriere voraussagte. Dieses Plakat hing im Gasthof. Die Schulkinder standen Spalier als der erste Zug einlief, und ich mußte dem Landrat einen Blumenstrauß überreichen und einen Vers aufsagen. Nie werde ich vergessen, wie aufgeregt ich war, als ich vor dem Landrat stand. In aller Eile ließ ich den Text so enden:

...für diese segenswerte Einrichtung, Herr Landrat von Bonin, herzlichen Dampf!"

(Auszug aus Erinnerungen an Glinde....herzlichen Dampf, Böckel Verlag)
Oben die ehemalige Bahnhofstraße mit dem Bahnübergang am Glinder Hof links hinten. Diese Aufnahme stammt aus 1940.
Links zwei Bilder des Bahnhofgebäudes, oben 1935 und unten 1940. Es sind schon erste Umbauten zu entdecken, so ist die erste einfache Tür im Güterbereich durch eine Schiebetür ersetzt worden.
Bereits 1933 zeichneten sich erste Planungen zur Stilllegung der Bahn an. Es gab verschiedene Szenarien. So sollte der komplette Personenverkehr eingestellt werden, den Güterverkehr wollte man aber aufrecht erhalten. Eine zweite Variante war die komplette Stilllegung. Alle nötigen Schritte für beide Versionen wurden trotz starker Proteste aus der Bevölkerung vorbereitet.
Dieses Verfahren zog sich bis 1936 hin und als bereits die Ge-nehmigung vorlag gab es eine plötzliche und starke Intervention des Kriegsministeriums. Von der Heeresleitung war zu vernehmen, daß in Glinde ein Heereszeugamt (HZA) und von der Luftwaffe sollte das Kurbelwellenwerk Hamburg (KuHa)  errichtet werden.
Viele Schreiben zeugen von einer hektischen Zeit zwischen auf und ab der Bahn, die für beide Rüstungsbetriebe unumgänglich war. In sehr kurzer Zeit war die Genehmigung zur Stilllegung widerrufen. Stattdessen lagen Pläne zum Umbau des Bahnhofs Glinde, sowie für eine Anschlussbahn zum HZA und zur KuHa vor.
Von dem Umbau des Bahnhofs gibt es mehrere Varianten und Pläne von denen wir zur Zeit nur eine zeigen können. Sie kommt 

dem was anhand von Bildmaterial verifiziert werden kann schon sehr nahe. Die anderen Pläne hätten den Bahnhof wesentlich weiter wachsen lassen.

Der obige Gleisplan aus dem Jahre 1936 zeigt die geplanten Umbauten am Glinder Bahnhof. Anhand von Bildmaterial und mehrerer Luftaufnahmen ist dieser Plan aber nie umgesetzt worden. Daher haben wir diesen Plan zur Rekonstruktion genommen und entsprechend angepasst. Unten finden Sie die Änderungen in Rot eingezeichnet.  Die Bilder dazu folgen dann weiter unten in loser Reihenfolge.

 Mit den beiden Rüstungsbetrieben stieg auch der Personenverkehr stark an. So erhielt der Bahnhof Glinde einen Inselbahnsteig und in der Kurve zur KuHa einen weiteren Bahnsteig. Zeitzeugen berichteten von einem weiteren Behelfsbahnsteig am Streckengleis nach Boberg - Havighorst in Höhe Havighorster Weg um die Arbeiter der neuen Siedlung am Papendieker Redder/Kleiner Glinder Berg direkt ins Werk und zurück zu befördern. Diese Siedlung wurde im Volksmund die Krupp-Siedlung genannt. Die sogenannte Zeugamtsiedlung entstand für die Arbeiter des HZA an der Mühlenstraße/Mittelstraße/Bahnstraße. Weiter zur Ortsmitte hin wurden an  der Mühlenstraße  Wohnhäuser für die Angestellten und Unteroffiziere des  Zeugamtes  gebaut und mit direktem Zugang zum HZA

das sogenannte Negerdorf am Oher Weg für die Offiziere und Beamten. Glinde wuchs in dieser Zeit von etwa 700 auf über 2000 Einwohner an. Zudem wurde das Areal der KuHa, ursprünglich Reinbeker Gebiet, Glinde zugesprochen. Das Gelände der Krupp-Siedlung kam von Oststeinbek zu Glinde.
Die Aufnahme links zeigt den neuen Gleisanschluss zur KuHa aus dem Jahr 1936, die Kurve hat einen Radius von 190m. Links unten ist die Stückgutausgabe an holländische Zwangsarbeiter der KuHa im Jahr 1943 und daneben der Bahnübergang Oher Weg im Jahre 1940 zu sehen, Blickrichtung Ortsmitte. Die strohgedecktenten Häuser standen vor der Villa Engel (später Post) an der Lindenallee.
MT1 Glinde Betonstraße
Der MT1 auf dem Weg nach Trittau aufgenommen aus dem Garten der Familie Juhre in Glinde, Bahnstraße etwa um 1948. Steppke Heinz (links im Bild) ist schon zu dieser Zeit sehr am Schienenverkehr interessiert. Rechts sind im Hintergrund die Gebäde vom ehemaligen Herreszeugamt zu erkennen. Unten links hat sich eine Schulklasse auf der Bohlen Wiese gegenüber dem Glinder Stationsgebäude zu einem Ausflug eingefunden. Hier wird deutlich wie das Gebäude nach beiden Seiten ausgebaut wurde. Unten rechts dann der MT1 auf dem Weg nach Tiefstack an der westlichen Ausfahrt des Bahnhofs. Beide Aufnahmen stammen aus der Zeit Anfang 1950.
Diese Aufnahmen wurden am 15.3.1952 dem letzten Betriebstag am Bahnübergang Möllner Landstraße gemacht. Rechts ist auf dem oberen Bild der Sandhügel zu erkennen, hierbei handelt es sich um Reste des Aushubes zum Bau des HZA. Der Sonderzug wurde vom Modelleisenbahnverein Hamburg e.V (MEHEV) organisiert und war gut besucht. Auch der MT2 wurde bei diese Fahrt eingesetzt, unten zu sehen auf Gleis 2 mit Fahrtrichtung Trittau.
Diese beiden Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1955 und zeigen eine Danpflok von der ehemaligen KuHa kommend. Nachdem die VHH für  2 Jahre  die Betriebführung übernommen hatte, ist zu dieser Zeit bereits die AKN mit selbiger beauftragt. Die Fahrzeuge der Südstormarnschen Kreisbahn waren bereits alle veräussert oder verschrottet, somit wird es sich hierbei um eine ehemalige BGE Lok handeln. Der Güterverkehr war in diesen Jahren sehr ausgeprägt, so siedelte sich auf dem Gelände der KuHa verschie-dene Firmen an. Zum ehemaligen HZA wurde viel Material durch die Briten bewegt. Daher musste 1956 die Kurve vom Bahnhof kommend komplett saniert werden, was unten zu sehen ist.

Die Sequenzen oben und unten stammen aus dem Ende der 1950er Jahre und reichen bis nach 1960. Die AKN hat mittlerweile auf Dieselantrieb umgestellt und ist mit der V6 und einem gemischten Güterzug in Glinde. Zu dieser Zeit konnte im Bahnhofsgebäude auch noch Stückgut geliefert und abgeholt werden. Daneben wurde weiterhin das britische Depot und die Firmen auf dem Gelände der ehemalige KuHa mit Material versorgt. Es war ein reger Güterverkehr zu beobachten. Man beachte die fehlende Seitenrampe links im Bild.

Von diesem regen Güterverkehr erzählen diese beiden Aufnahmen. Für etwaige Gewichtsüberprüfungen würde eine Waage helfen, so etwas gab es im Bahnhof Glinde nicht.
Mit Beginn der 1960er Jahre wurde die Bahnhofstraße von der Ortsmitte bis zum Bahnübergang mit einer Kanalisation versehen. Diese Bauarbeiten waren sehr zeitintensiv, da das Grundwasser in 4,5m Tiefe aufwändige Verschalungen verlangte. Glinde sollte wachsen und man überlegte sich mögliche Ausbauflächen. Das Neubaugebiet Wiesenfeld wurde ins Leben gerufen. Vorerst wurden die Gleise nicht gekreuzt, dies lies aber nicht lange auf sich warten und schon bald führte die Kanalisation neben der bereits 1936/1937 zur KuHa verlegten Wasser- und die von Bergedorf kommende Gasleitung unter der Bahntrasse hindurch.
Anfang 1960 war noch das volle Gleisbild erhalten. Links und oben sind die Gleise 4, 5 und 6 zu erkennen, die aus der DKW  mit der Nummer 8 hervorgehen. Rechts die Gleise 1, 2 und 3 mit einem G-Wagen an der Ladestraße und im Vordergrund die Weiche 9.  Das auf dem Inselbahnsteig liegende Material zeugt von Baumaß-nahmen. Hier siedelte sich die Firma Holz Ahrend an, wie unten zu erkennen ist. Hierbei wurde auch das Gleis 3 zurückgebaut.
Sehr lange schien der Holzhändler nicht verweilt zu haben, sehen die Gebäude auf dem Bild von 1966 oben doch sehr verlassen aus. Auch hier ist noch kein Anzeichen einer Seitenrampe zu erkennen. Dies ändert sich bei der Aufnahme von 1969 unten, wo die Seitenrampe am Ende von Gleis 3 deutlich sichtbar ist.
Die örtlichen Presse hatte zu einem Fototermin Ende der 1960er Jahre geladen. Anlass war die Pensionierung des  Bahnmeisters Ziemann der AKN. Dieser war extra mit der Motordraisine 1 aus Billstedt angereist. Am Bahnübergang Bahnhofstraße wurde dies gekonnt in Szene gesetzt. Sehr schön im Bild festgehalten die zu diesem Zeitpunkt vorherrschende Bebauung im Umfeld des Bahnhofs Glinde. Diese sollte sich im kommenden Jahrzehnt drastisch ändern, wie weiter unten zu sehen ist.
Ein Winterbild zeigt die V2.002 vom Typ 600D unten vor dem Bahnhofsgebäude. Die AKN hatte neue Dieselloks aus dem Hause MAK in Kiel bestellt die nun auch bis nach Glinde eingesetzt wurden.

In den 1970er Jahren veränderte sich das Umfeld des Bahnhofs sehr.  Die Gebäude des Holzhändlers zwischen den Gleisanlagen waren zurück gebaut.  Auf einem Gelände nördlich zur Ortsmitte hin fand dieser sein neues Anwesen wie auf dem Bild links zu erkennen ist. Die Umgestaltung der gesamten Ortsmitte brachte eine neue Straßenführung mit sich wodurch der Helenenweg und die Sönke-Nissen-Allee entstanden. Die ersten Reihenhäuser am Helenenweg sind auch links zu erkennen. Hier befand sich früher der Feuerlöschteich und ist somit die tiefste Stelle im Umfeld.

Auch die Bahnhofstraße wurde neu gestaltet, dort entstanden zwei neue Wohnhäuser zwischen denen die Bahntrasse in Richtung Bundeswehrdepot verlief. In Anlehnung der französischen Partner- stadt wurde diese Straße in Avenue St. Sebastian umbenannt.

In diesem Jahrzehnt war das Güteraufkommen für den Stück- wie auch Massengutverkehr noch sehr erheblich, sie die Aufnahmen zeigen. Neben der jährlichen Rübenkampagne wurden auch noch Stückgüter im Glinder Bahnhof angenommen und ausgegeben. Zum 1. Juni 1975 beantragt die AKN allerdings die Schließung des Stückguts welche kurze Zeit darauf umgesetzt wurde. Nunmehr fanden im Bahnhof Glinde nur noch Massengüter ihren Umschlagsplatz und der Culemeyerbetrieb nach Gut Schönau brachte Abwechselung.  Oben links ist zu diesem Zeitpunkt noch der Prellbock des Schutzgleises von der KuHa kommend zu erkennen.

Nach langer Zeit der dieselbespannten Züge gab es am 13.12.1977 ein Wiedersehen mit einer Dampflok, die mit lauten Pfeifen ihre Anwesenheit ankündigte. Die Lok Nr. 1 der Arbeitsgemeinschaft Geesthachter Eisenbahn erreichte an diesem Tag bei der Abnahmefahrt den Bahnhof Glinde. Nach bestandener Lastprobe wurde diese Lok in den Folgejahren für so manche Sonderfahrt genutzt.

Eine winterliche Aufnahme aus dem Jahr 1976 zeigt das untere Bild von der westlichen Einfahrt aus.  Auch hier ist noch im ehemaligen Schutzgleis von der KuHa der Prellbock zu erkennen.

Im Februar 1979 kommt die MAK V2.016 vom Typ G 1100 BB der AKN mit einem Güterzug zum Bundeswehrdepot nach Glinde. Sehr gut ist oben die Durchfahrt in Richtung Depot zwischen den beiden Wohnblöcken an der Avenue St. Sebastian zu erkennen. Aus dem Depot wird ein gedeckter Güterwagen mitgebracht und vor dem Bahnhofsgebäude fotografisch festgehalten. Im Anschluss daran rangiert die Lok im Bahnhof um die Rückleistung nach Tiefstack  zusammenzustellen. Hierbei handelt es sich um die in dieser Zeit eingeführten und sehr beliebten Haus-zu-Haus Container, die an der Ladestraße auf Abholung warten. Abschließend dann eine Aufnahme des Güterzuges beim Verlassen des Bahnhofs Glinde.

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